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"Arbeit gehört zur Würde des Menschen"

Wallfahrt 06.10.2007
Datum:
Veröffentlicht: 9.10.07
Von:
Marion Krüger - FT
Der Bamberger Bernhard Herrmann war bei der ersten Wallfahrt für Arbeitslose und Arbeitnehmer dabei.

Bamberg/Vierzehnheiligen - Bernhard Herrmann reiht sich als "Sandwich" in die Schar der 200 Pilger ein. So nennt er sich jedenfalls selbst. Vorn auf seiner Brust prangt ein Pappschild mit der Aufschrift: "Keine Almosen (Hartz IV) - Arbeitsplätze brauchen wir!" Hinten auf seinem Rücken steht: "Christenpflicht leben und leben lassen". Herrmann findet den Rhythmus im Schritt bei dieser Wallfahrt für Arbeitslose und Arbeitnehmer, die am Samstag zur Nothelferbasilika in Vierzehnheiligen führte. Der 56-jährige Bamberger trägt nicht nur den augenfälligen Protest mit sich auf diesem Weg. Er schleppt an mehr: Seit vier Jahren ist er arbeitslos. Langzeitarbeitslos also, schwer vermittelbar auf dem Arbeitsmarkt oder - wie er resigniert bemerkt - "in meinem Alter ohne Hoffnung auf einen Arbeitsplatz".
Beihnahe trotzig klingt da das Motto der Wallfahrt "Arbeit ist Menschenrecht". Die Katholische Betriebsseelsorge Bamberg und der Diözesanverband der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung haben erstmals dazu aufgerufen. "Die Angst vor Arbeitslosigkeit bestimmt auch den Alltag derjenigen, die noch Arbeit haben", weiß Betriebsseelsorger Norbert Jungkunz. Arbeitslosigkeit sei ein gesellschaftlicher Skandal, an den diese Wallfahrt erinnern wolle. "Arbeit gehört zur Würde des Menschen", fügt er hinzu.

Bernhard Herrmann gehen die Gebete und Lieder auf der Pilgerstrecke flüssig von den Lippen. Die Fürbitte um Selbstwertgefühl, Mut und politischen Respekt, sogar die Bitte für die Arbeitgeber und deren Verpflichtungen, das Wohl der Beschäftigten nicht aus den Augen zu verlieren. Ihm ist nicht anzumerken, ob er an seinen früheren Chef denkt, der ihn als Berufskraftfahrer mit unbezahlten Überstunden und Urlaubsverweigerung malträtiert hat.
Er sei kein "klassischer Vorzeigekatholik und Kirchgänger", räumt Herrmann ein. Aber da ist etwas hängen geblieben von seiner langen Ministrantenzeit in der Wunderburg. Ein unbestimmtes Gefühl, dass es nicht schaden kann, Gott die Sorgen hinzutragen. Lachend fügt er hinzu, dass er immer den Wunsch gehabt habe, einmal durch das Hauptportal in die Basilika einzuziehen, und das gehe eben nur mit einer Wallfahrt. Und wenn dann noch ein "erzbischöfliches Hochamt gefeiert wird", wei das ein doppelter Grund, mit zu pilgern.

Erzbischof für Mindestlohn
In der Tat hat sich Erzbischof Ludwig Schick mit den anderen Wallfahrern aufgemacht. Nach dem einstündigen Weg vom Seubelsdorfer Kreuz aus feiert er den Gottesdienst am Gnadenaltar der vierzehn Nothelfer. Jedem müsse das Recht eingeräumt werden zu arbeiten, fordert der Erzbischof. Dies bestimme die Auffassung der Kirche von Menschenwürde. Gott habe alle Menschen geschaffen mit ihren Bestimmungen und Talenten: "So gesehen ist die Putzfrau genau so zu achten wie der Universitätsprofessor und der Handlanger im Bau ebenso wichtig wie der hoch qualifizierte Techniker." Erzbischof Schick spricht davon, dass "der Lohn nicht so niedrig sein darf, dass er für den recht schaffenden Arbeiter nicht den Lebensunterhalt abwirft". Ein Mindestlohn ist nötig.
Während Bernhard Herrmann im Klosterhof der Franziskaner die Gulaschsuppe löffelt, resümiert er diese Predigt und den Wallfahrtstag. Sie hätten "Argumente im Kampf gegen Arbeitslosigkeit geliefert", keine parteipolitischen, sonder "das Wort Gottes oder das seiner Stellvertreter". Und dieser Tag nehme "das Schuldgefühl, auf Kosten anderer zu leben". So fährt Herrmann im Einklang mit sich selbst wieder mit dem Zug heim, die Pappschilder unter den Arm geklemmt und zu Abschied winkend.