Bei der Beschäftigung Behinderter gibt es „Luft nach oben“

Integra Mensch-Mitarbeiter informierten Betriebsräte über Patenschaftsprojekt
Menschen mit Behinderung finden schwerer einen Arbeitsplatz als alle anderen. Betriebsräte könnten da eine Mittlerfunktion einnehmen, denn bei der Beschäftigung von Menschen aus den Lebenshilfe-Werkstätten gebe es „noch Luft nach oben“. Darauf machte der Initiator von „Integra Mensch“, Kuno Eichner, aufmerksam. Bei einem Treffen von Betriebsräten aus Stadt und Landkreis Bamberg im Bamberger Bistumshaus St. Otto warb er um ihr diesbezügliches Engagement. Zum Gespräch eingeladen hatte die Arbeitnehmerpastoral der Erzdiözese Bamberg.
„Arbeit soll Sinn machen“, stellte Betriebsseelsorger Norbert Jungkunz heraus. Dies gelte für Arbeitnehmer, aber auch für behinderte Menschen, die, soweit möglich, in „normalen“ Betrieben einer Beschäftigung nachgehen möchten.
Kuno Eichner, der zusammen mit Integra-Mitarbeiter David Ochs für Inklusion warb, erinnerte an die strikte Teilung der Lebens- und Arbeitsbereiche von klein an. Lange seien Kinder mit Behinderung nicht in Kindergärten aufgenommen worden. Dies habe sich geändert. In der Region gebe es inzwischen mehr Offenheit dafür. Im Bereich von Schule und Arbeitsbereich sei dies anders: „Hier gibt es wenig Berührungspunkte.“ Gerade in den Unternehmen gebe es „eine hohe Hürde“.
Anstoß, dies zu ändern, war vor rund 14 Jahren der Wunsch einer Frau mit geistiger Behinderung, in der Pflege zu arbeiten. Sie habe sich vehement geweigert, in den Werkstätten tätig zu sein. Eichner schilderte, wie das Problem „pragmatisch gelöst“ werden konnte, obwohl es für einen solchen Fall arbeitsrechtlich noch keine Regelungen gab. Es entstand die Idee, Personen über eine Patenschaft in einem Betrieb mitarbeiten zu lassen. Erzbischof Dr. Ludwig Schick wie auch Oberbürgermeister Andreas Starke, Ministerin Melanie Huml wie Landrat Johann Kalb befürworteten dies und setzten sich dafür ein. „Bei der Stadt läuft es gut“, konnte die Gesamtpersonalratsvorsitzende und Behindertenbeauftragte der Stadt, Nicole Orff, bestätigen. „Unsere vier Mitarbeiter fühlen sich als Teil des Betriebs.“
Eichners Idee fand auch den Weg in die Bundesvereinigung der Lebenshilfe und wird dort weiter verfolgt. Mittlerweile sind das Werkstättenrecht sowie das Sozialgesetzbuch geändert und damit einige rechtliche Probleme aus dem Weg geschafft worden. Denn Arbeitgeber der Beschäftigten mit Behinderung bleibt weiter die Lebenshilfe. Bieten Unternehmen Patenschaften an, so profitieren sie durch eine Einsparung bei der Ausgleichsabgabe und durch erhebliche Lohnkostenzuschüsse bei sozialversicherungspflichtiger Vermittlung.
„Unsere Mitarbeiter können etwas leisten“, unterstrich Eichner. Deren Aufgabe sieht er vor allem in der Entlastung der Fachkräfte von Routinearbeiten. Wo arbeiten heute schon Integra Mensch-Beschäftigte? Etwa 20 Personen sind in Kindergärten eingesetzt. Dort machen sie mit den Kindern beispielsweise Spiele. Bei der Stadt Bamberg sind behinderte Menschen als Boten im Einsatz; im Klinikum führt ein „Kliniklotse“ Besucher zum Patienten.
„Ein Bedarf für Helferdienste gibt es in jedem Betrieb“, ist sich Eichner sicher. 700 Personen arbeiten in den Lebenshilfe-Werkstätten. 150 Patenschaftsarbeitsplätze konnten bisher vermittelt werden, darunter auch einige sozialversicherungspflichtige. Man wünsche sich mehr Offenheit von Betrieben, auch des Handwerks, im Dienstleistungsbereich, im Büro. Menschen mit Einschränkungen bräuchten jedoch einen Paten, der sich um sie kümmert, die Aufgaben erklärt und dafür sorgt, dass sie sich als zum Betrieb zugehörig empfinden. Inklusionsbegleiter von Integra beraten in Arbeitsplatzfragen und unterstützen bei der Einarbeitung, stehen den Paten und den Menschen mit Behinderung aber auch danach vor Ort zur Verfügung. Der zeitliche Umfang und die Bezahlung werden individuell geregelt. Die Lohnhöhe sei nicht so relevant, da die neuen Mitarbeiter Anspruch auf ergänzende Leistungen hätten, ergänzte Eichner.
„Schlüssel in die Arbeitswelt“ könnten die Betriebsräte sein. Dafür baten die Integra-Mitarbeiter um Engagement und überreichten den Anwesenden auch gleich einen druckfrischen Informationsflyer, der die wichtigsten Informationen für Arbeitgeber enthält. Die Betriebsräte zeigten sich dankbar für das Gespräch und diskutierten mit den Verantwortlichen über schon erfolgte Beschäftigungen, aber auch über Vorbehalte, die die Betriebe haben.