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Die Arbeitswelt im Blick

Die Arbeitswelt im Blick
Datum:
Veröffentlicht: 26.6.15
Von:
Michael Kniess

Erzbischof Ludwig Schick besucht Röthenbacher Traditionsunternehmen

Der Arbeitsplatz ist ein nicht wegzudenkender Bestandteil der Lebenswelt. Einen Großteil seines Lebens verbringt der Mensch an diesem. Für Erzbischof Ludwig Schick Grund genug, mindestens einmal im Jahr selbst Unternehmen in seinem Erzbistum in den Blick zu nehmen. „Als Kirche ist es unsere Aufgabe, uns um alle Menschen zu sorgen. Das ist nur dann möglich, wenn man dort präsent ist, wo diese sind und sich ihrer Bedürfnisse, Sorgen und Ängste annimmt“, sagte er bei seinem Firmenbesuch in Röthenbach an der Pegnitz.

Der von der katholischen Betriebsseelsorge der Erzdiözese um deren Leiter Manfred Böhm und Pastoralreferent Martin Plentinger organisierte Besuch beim Hersteller von Kohle- und Grafitprodukten Graphite Cova vor den Toren Nürnbergs sei für ihn ein besonderer gewesen, so Ludwig Schick. Das 1855 ursprünglich als Firma Conradty gegründete, 2002 in den Konkurs gegangene und 2004 schließlich vom indischen Investor Graphite India übernommene Unternehmen hat die Stadt Röthenbach wesentlich geprägt und kann ähnlich wie die Kirche, wenn auch in einer anderen Dimension, auf eine lange Tradition zurückblicken.

Die Unternehmerfamilie Conradty machte Röthenbach durch die Ansiedlung der Bleistiftfabrik, die später durch die Produktion elektrogalvanischer Kohlen erweitert wurde und das damit verbundene Wachstum einst zur (Arbeiter-) Stadt. Die Übernahme von sozialer Verantwortung hatte für die Conradtys immer großen Stellenwert. Mit der heutigen Verbindung des Traditionsunternehmens nach Indien habe man eine weitere Gemeinsamkeit, so Ludwig Schick.

Er verwies auf die langjährigen Partnerschaften des Erzbistums mit dem Land in Südasien und die Priester und Ordensfrauen, die in der Erzdiözese ihren Dienst verrichten. Besonders sei der Besuch aber vor allem vor einem anderen Hintergrund gewesen. „Es ist wichtig, dass wir uns vor Augen führen, dass auch in der heutigen modernen Arbeitswelt nicht jeder sein Geld an beinahe sterilen Arbeitsplätzen in modernen Hightech-Unternehmen verdient“, sagte Erzbischof Ludwig Schick.

Im Rahmen einer Betriebsbesichtigung des Produktionsablaufs konnte er sich selbst einen Eindruck davon verschaffen, dass es bei einem der bedeutendsten Anbieter von Grafitelektroden, Spezialprodukten aus Kohle und Grafit sowie von der Beschichtung für Grafitelektroden für die Mitarbeiter schlichtweg nicht ohne Schmutz, Lärm und Hitze geht. Es sei eine besondere Leistung, seinen Arbeitsalltag Jahr für Jahr auf diese Weise zu bestreiten.

Zugleich hob Ludwig Schick die Wichtigkeit hervor, dass es nicht nur einen Arbeitsplatz brauche, sondern auch einen solchen, an dem es dem Menschen gut gehe und von dem man leben könne. „Eine Arbeit zu haben ist wichtig, weil diese auch sinnstiftend ist. Ebenfalls muss sie es aber auch ermöglichen, den Lebensunterhalt damit bestreiten zu können.“ Auch in schwierigen Zeiten.

Eine solche erlebe das Unternehmen derzeit, so dessen Prokurist Helmut Renner. Seit der Wirtschaftskrise 2009 habe Graphite Cova mit deren Folgen zu kämpfen. Der Stahlmarkt komme seither nicht mehr richtig in Gang. China dränge mit Preisen auf den europäischen Markt, mit dem hiesige Wettbewerber niemals mithalten könnten. Zudem erschwerten Steuergesetzgebung und Energiesteuer das Geschäft. „Wir kämpfen“, so Helmut Renner.

Den Besuch des Bamberger Erzbischofs würdigte er als „ein gutes Zeichen, da Religion, oder zumindest das Bekenntnis zum Glauben, im beruflichen Alltag eigentlich bei vielen Menschen keine große Rolle mehr spielt“. Derweil war es einst Conradty, das durch den Zuzug von Menschen aus dem Bayerischen Wald und der Oberpfalz Röthenbach zu einer katholischen Enklave in der sonst protestantisch geprägten Gegend rund um Nürnberg machte.

Die enge Verbindung, die das Unternehmen seit jeher mit der Stadt hat, hoffe er auch künftig in dieser Tradition auf Augenhöhe weiterpflegen zu können, betonte Röthenbachs Bürgermeister Klaus Hacker im Rahmen des Besuchs aus Bamberg. Verbunden mit dem Wunsch des Erzbischofs, die Menschen mögen trotz aller Schwierigkeiten und Herausforderungen dort auch künftig ein solches Brot verdienen können, das zum satt werden reicht.

 

Heinrichsblatt Nr. 26 v. 28. Juni 2015

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