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Die Würde der Ausgeschlossenen verteidigen

Datum:
Veröffentlicht: 20.4.15

Norbert Jungkunz, Betriebsseelsorger für das Coburger Tagblatt

Menschen werden ausgeschlossen, weil der neue, unumschränkt herrschende Gott unserer Gesellschaft das Geld ist. Die Menschen akzeptieren friedlich seine Vorherrschaft und vertrauen naiv auf die Güte derer, die die wirtschaftliche Macht in den Händen halten und glauben, obwohl die Welt zu brennen beginnt, an die Selbstregulierung der Märkte zum Wohle aller.

Menschen werden ausgeschlossen, weil sich alles nach den Kriterien der Konkurrenzfähigkeit und dem Gesetz des Stärkeren abspielt, wo der Mächtigere den Schwächeren zunichtemacht. An der Börse gibt „Gott Mammon“ seinen Segen dazu. Der Mensch wird zum Konsumgut, das man gebrauchen und dann wegwerfen kann. Menschen werden ausgeschlossen, und damit in ihrer Zugehörigkeit zur Gesellschaft an der Wurzel getroffen. Sie befinden sich nicht am Rande oder gehören zu den Machtlosen, sondern stehen draußen.

Die Ausgeschlossenen sind nicht „Ausgebeutete“ sondern werden als „Abfall“ betrachtet.

Eine Wirtschaft, die Menschen ausschließt, tötet. Im apostolischen Rundschreiben Evangellii gaudium (55) schreibt Papst Franziskus: „Wir haben neue Götzen geschaffen. Die Anbetung des antiken goldenen Kalbs (vgl Ex 32 1-35) hat eine neue und erbarmungslose Form gefunden im Fetischismus des Geldes und in der Diktatur einer Wirtschaft ohne Gesicht und ohne ein wirklich menschliches Ziel. Die weltweite Krise, die das Finanzwesen und die Wirtschaft erfasst, macht ihre Unausgeglichenheit und vor allem den schweren Mangel an einer anthropologischen Orientierung deutlich – Ein Mangel, der den Menschen auf nur eines seiner Bedürfnisse reduziert: auf den Konsum. …Die Finanzkrise, die wir durchmachen, lässt uns vergessen, dass an ihrem Ursprung eine tiefe anthropologische Krise steht: Die Leugnung des Vorrangs des Menschen!“

Als Christen können wir uns nicht in die Sakristeien einsperren lassen und in unsere Gotteshäuser zurückziehen. Gott lässt sich finden bei denen, die Krieg, Hoffnungslosigkeit, Verfolgung und Hunger zu entfliehen suchen und auf dem Weg nach Europa sind.

Gott lässt sich finden bei denen, die vor denTafeln und Sozialläden in den Schlangen stehen. Gott lässt sich finden bei denen, die für  einen Bruchteil eines Tariflohnes in unseren Betrieben arbeiten und täglich um eine menschenwürdige Existenz kämpfen.

Wenn ich wie ein Mensch rede und wie ein Engel handeln würde, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich ein schepperndes Blech oder eine gellende Schelle. An dieses biblische Bild erinnern die Narrenkostüme in diesen Tagen und mahnen über jede Faschingslaune hinweg: Jeder Christ ist berufen, Werkzeug Gottes zu werden und die Würde der Ausgeschlossenen zu verteidigen, damit aus einer Welt der Märkte, eine Welt der Menschlichkeit und Versöhnung für alle Geschöpfe Gottes

wird.

Norbert Jungkunz, katholische Betriebsseelsorge Coburg für das Coburger Tagblatt