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Erzbischof Dr. Ludwig Schick traf sich zum Gespräch mit Betriebsräten

EB, BR im Gespräch
Datum:
Veröffentlicht: 1.8.16
Von:
Andreas Kirchhof HB Nr. 29

Menschliche Herzensbildung fördern

Achtsam, standhaft und hoffnungsvoll sollen die Betriebsräte sein – das forderte Erzbischof Dr .Ludwig Schick bei einem Treffen mit rund 50 Betriebs- und Personalräten, das wieder die Betriebsseelsorge des Erzbistums organisiert hatte – diesmal im „Gewerkschaftshaus“ an der Starkenfeldstraße 21 in Bamberg.

Bei dem Treffen unter dem Motto „Aufrecht bleiben trotz Gegenwind. Was hält uns aufrecht?“, das Betriebsseelsorgerin Barbara März moderierte, berichteten zwei Betriebsräte beispielhaft aus ihren Betrieben. Daniel Weickert von OEKA TECH Automotive GmbH erklärte, als die OEKA Metall 2015 Insolvenz angemeldet hatte, hätte ein großer Teil der Kollegen zum Unternehmen gehalten. Nun habe die GEKAGroup dieses gekauft und daraus zwei Betriebe gemacht. Jetzt habe die OEKA TECH wieder 200 Mitarbeiter – von zuvor 150. Es habe sich also gelohnt, aufrecht zu bleiben und standhaft zum Betrieb zu halten. Allerdings seien jetzt leider auch Leiharbeiter dabei – teilweise Leute darunter, die schon 15 Jahre im Betrieb gewesen waren.

Thomas Kühnel von der Commerzbank berichtete, dass von 2000 bis 2015 durch die Entwicklungen im Bankensektor bei den Privat- und Genossenschaftsbanken 145 000 Stellen abgebaut worden seien. Aber der Aufwand sei gestiegen: Beratungen müssten aufwändig dokumentiert werden, „Terrorabgleichungen“ seien nötig und die Digitalisierung verschlinge weitere Zeit. Durch die „Negativzinsen“ und die schlechte Ertragslage sei auch das Vertrauen der Kunden in die Banken gesunken. Könne man da als Betriebsrat immer standhaft bleiben?

Ein Anderer berichtete aus seinem Betrieb, dass zwar der Betriebsrat sich vor die Mitarbeiter stellen muss, diese aber nicht immer hinter dem Betriebsrat stünden. Je größer der Druck des Arbeitgebers allerdings auf das Rätegremium gewesen sei, desto mehr sei dieses zusammengeschweißt worden. Sicher hätten sie alle die Belastungen nicht ohne die Hilfe der Betriebsseelsorge geschafft. Sie habe sehr für die Psychohygiene geholfen.

Von Michelin wurde berichtet, dass dort in vier Schichten an sieben Tagen die Woche gearbeitet werde. Bei dieser großen Belastung solle man erst mit 67 Jahren in Rente gehen? Jetzt solle auch an Feiertagen gearbeitet werden. Gerne würden auch Leih- und Ferienarbeiter beschäftigt. Weil die unqualifiziert seien, sei die Arbeit mit ihnen aber schwer. Beim Thema Wochenendarbeit müssten alle zusammenhalten und die Hilfe des Erzbischofs sei wichtig.

Erzbischof Schick meinte darauf, er freue sich, dass bei der Diskussion die Betriebsseelsorge so oft als gute Hilfe erwähnt wurde. Die Betriebsräte forderte er auf, innerlich nicht aufzugeben und standhaft zu sein.

Schick betonte, Demokratie und Solidarität brauche Bildung. Daher sollte dem Betriebsrat Bildung auch wichtig sein. Auch zur Integration gehöre als Fundament Bildung. Da sollten die Gewerkschaften mithelfen. Gesamtmenschliche Bildung führe auch zur Solidarität. Das sei auch in der Flüchtlingsfrage wichtig. „Wer ungebildet ist, wird egoistisch“, erklärte Schick.

Das Handelsabkommen TTIP „werde das Leben in unseren Betrieben nicht leichter machen.“ In der internationalen Wirtschaft bräuchten wir Regelungen durch menschenfreundlich Gesetze.

Zur Sonntagsarbeit meinte der Erzbischof: „Wenn wir die Sonntagszeiten nicht beibehalten, entsteht die Gefahr, dass wir keine Zeit mehr für die Gemeinschaft haben.“ Die Arbeitnehmer zu verteidigen und die Solidarität zu fördern sei wichtig. Da sollten Gewerkschaften und Kirche zusammenarbeiten.

Eine Betriebsrätin erklärte, Frauen seien, wenn sie Kinder kriegen, „weg vom Fenster“. Junge Leute mit gutem Magisterabschluss müssten erst zwei Jahre Praktika leisten, um vielleicht eine Stelle zu bekommen. Jung und Alt würden gegeneinander ausgespielt. „Schön wäre, wenn der Mensch das Maß ist. Bei uns ist das Geld das Maß.“ Das sei die Hilfe der Kirche nötig.

Ein Anderer betonte, Bildung und Qualifikation sei heute immer von Vorteil. Nur damit könnten wir hier bei den Innovationen mithalten. Es gelte, die Gesetze und Tarife, „die wir haben“, zu nutzen. Weiter wurde bemängelt, dass die Manager zwar gut ausgebildet seien, aber keine Solidarität zeigen würden. Die Menschen könnten auch nicht mehr ehrenamtlich tätig und solidarisch sein, weil durch die erzwungenen flexiblen Arbeitszeiten keine  Zeit dafür mehr da sei.

Wir seien auch teilweise selbst schuld, wenn wir auf Schnäppchenjagd im Supermarkt gehen, wurde weiterhin bemängelt. Wie könnte so gute Löhne gezahlt werden?

Erzbischof Schick unterstrich, es sei in diesen Dingen sehr wichtig, achtsam zu sein, um die Zukunft gut regeln und Mißentwicklungen gegensteuern zu können. Die Kirche könne da ein Potential der Hoffnung geben, dass es bald gut wird, wenn auch im Einsatz dafür kein direkter Erfolg sichtbar sei. Achtsamkeit und Hoffnung seien wichtig.

Schick betonte auch, das manche Art Bildung nur schlau mache, aber nicht weise. Es gelte menschliche Herzensbildung mit der mathematisch-wissenschaftlichen Bildung zu verbinden.

„Wir haben gute Gesetze, die angewendet werden sollen“, sagte Schick. Unsere gute Gesetzgebung werde aber durch Internationalisierung und Europäisierung ausgehöhlt.

Er selber sei ja auch Arbeitgeber, erklärte der Erzbischof. Daher sei es für ihn wichtig, immer mit den Räten und den Beschäftigten im Gespräch zu bleiben, damit man nicht als Arbeitgeber blind wird.