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Erzbischof auf Seiten der Valeo-Mitarbeiter

Valeo Neuses
Datum:
Veröffentlicht: 17.9.08
Von:
Rainer Glissnik

"Ich stehe hinter euch"

„Wenn ein Glied leidet leiden alle Glieder mit“, mit diesem Satz aus dem Korintherbrief auf einem Transparent appellierten die von Entlassung bedrohten Mitarbeiter des Valeo-Leuchtenwerks beim Besuch von Erzbischof Dr. Ludwig Schick an die Solidarität von Mitmenschen und Kirche.

Neuses – „Wir haben in der Kirche gebetet und alles was wir tun können tun wir auch. Bleibt stark“ sagte Erzbischof Dr. Ludwig Schick den zahlreichen Beschäftigten des Kronacher Valeo-Leuchtenwerks, die sich hilfesuchend auch an ihn wandten.

Was nicht in Ordnung ist solle auch beim Namen genannt werden, erklärte Erzbischof Dr. Schick. „Kämpft! Ich wünsche euch alles Gute. Ich stehe hinter euch und bete für euch.“

„Wir freuen uns sehr über die Solidarität“, zeigte sich Betriebsratsvorsitzender Jörg Vogt dankbar. Die von Entlassung bedrohten Beschäftigten seien durch das Interesse des Erzbischofs gestärkt. Gemeinsam mit seinem Stellvertreter Michael Heil erläuterte Jörg Vogt dem Erzbischof die Situation mit den Sorgen und Nöten der betroffenen Menschen. Über die Betriebsseelsorge habe man mit Eckhardt Schneider einen starken Rückhalt.

„Ich war total geschockt, als ich die Meldung von der Schließung unseres Leuchtenwerkes hörte“, zeigte ein Valeo-Mitarbeiter seine tiefe Betroffenheit, die ihn seitdem nicht mehr loslässt. Seit 13 Jahren arbeitet er bei Valeo. „Ich fühle mich einfach zurückgelassen.“

„Nächstes Jahr werden es 20 Jahre, seit ich bei Valeo dabei bin“, erklärte ein anderer Betroffener, der die schockierende Nachricht ebenfalls im Urlaub erfuhr. „Es war wie ein Hammerschlag.“ So richtig könne er die Nachricht noch heute nicht wahrnehmen, zumal das Werk ja Aufträge bis Ende 2011 habe. „Wir könnten arbeiten mit der Belegschaft die da steht – mit allen der fast 300 Leute.“ „Es war ein Schock“, erklärte eine Mitarbeiterin, die auch seit nahezu 20 Jahren hier in Neuses arbeitet. Noch im Mai sei Standortsicherung bis 2011 zugesichert worden, zeigte sich eine weitere Mitarbeiterin entsetzt. Dies wurde damals noch auf der Betriebsversammlung zugesichert. Umso größer war nun der Schock.

„Momentan weiß ich nicht, wie es weitergeht, denn es sieht ja mit Arbeitsplätzen in der Region ganz schlecht aus“, machte eine weitere Valeo-Beschäftigte die Verunsicherung und Zukunftsängste unter der Belegschaft deutlich – ungeachtet der zuletzt freudig verkauften Arbeitslosenstatistiken der Region. „Hoffnung hat man immer, bis zum Schluss“, drückt sie die derzeitige Stimmung der Belegschaft aus. „Aber ob es noch etwas wird?“ Trauer, Ängste und Besorgnis schwingen in den Antworten mit.

Die Stimmung ist katastrophal. Dabei haben unsere Mitarbeiter ihren Stolz und leisten ihre Arbeit genauso Gewissenhaft wie bisher“, erläuterte stellvertretender Betriebsratsvorsitzender Michael Heil. Valeo habe sicher Bedenken, wenn die Firmenleitung an ihre Werke in Frankreich denkt. Dort würden wohl Autos vor dem Werk brennen. Die Kronacher seien dagegen trotz der Hiobsbotschaft für alle sachlich geblieben. „Wir werden auch weiterhin zeigen, dass dieser Standort ordentliche Arbeit abliefert.“ Dies sei ein wichtiges Argument Valeo gegenüber, auf den deutschen Standort nicht zu verzichten. Die Sicherheit eines deutschen Standorts gebe es anderswo in Europa nicht.

Unmittelbar nach bekannt werden der beabsichtigten Werksschließung wurde der Sicherheitsdienst verstärkt. Zwei Sicherheitsmitarbeiter in schmucken Uniformen sind seitdem auf dem Werksgelände anzutreffen. Die Franzosen befürchteten wohl gewalttätige Aktionen. „Aber es ist ruhig geblieben“, meinte Heil. Der Betriebsrat werde seine Aktionen nur gemeinsam mit der Rechtsvertretung und der IG Metall durchführen.

Die Belegschaft stehe hinter ihrem Arbeitsplatz, hinter dem Standort und hinter ihrer Firma, machte Heil klar. „Wir konnten hier immer zu guten Konditionen arbeiten, das möchten wir auch weiterhin. Wir zweifeln diese Entscheidung an und wollen unseren Standort retten. Wir wollen nicht gegen Valeo arbeiten.“

Der Belegschaft wäre nun Solidarität in Oberfranken wichtig. Jeder wegfallende Arbeitsplatz im produzierenden Gewerbe sei für immer verloren. Gute Arbeit koste schließlich überall in Europa ihr Geld. Wann das Valeo Leuchtenwerk geschlossen wird, steht noch nicht genau fest. Dazu gebe es Verhandlungen. Diese Woche werde es Gespräche mit dem Europabetriebsrat in Paris geben, danach folgend – sollte es keinen Wandel geben – Sozialplanverhandlungen. Mindestens ein halbes Jahr werde dies wohl dauern, ist sich Michael Heil sicher.

Im vorausgehenden festlichen Jubiläumsgottesdienst begrüßte Pfarrer Ignatius Kobus ausdrücklich die Valeo-Beschäftigten mit ihren Angehörigen. „Ich weiß dass Neuses im Moment besonders bedrückt ist durch die Entscheidungen der Firma Valeo“, machte Erzbischof Dr. Ludwig Schick seine Betroffenheit hierüber deutlich. Es sei wichtig, sich zum Kampf für die berechtigten Interessen zu stärken, aber man brauche auch viel Kraft, um hinzunehmen was hingenommen werden müsse und daraus das Beste zu machen. Auch dies gehöre zum Festgottesdienst. Kirchenpatron St. Sebastian sei ein Kämpfer gewesen.

Wenn der Bischof kommt putzt sich alles heraus und präsentiert sich von der Schokoladenseite. Alles Belastende werde da meist versteckt, freute sich Betriebsseelsorger Eckhardt Schneider, dass in Neuses zum Jubiläum der Kirche St. Sebastian auch die Sorgen und Nöte der Valeo-Beschäftigten gehörten. Schon im Gottesdienst sei deutlich geworden, dass auch an einem Sonntag beim Jubiläum gerade die Sorgen und Nöte der Menschen ihren Platz haben. Hier lobte er ausdrücklich die Pfarrgemeinde. rg

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