Erzbischof besuchte die Kulmbacher Spinnerei Mainleus
Lasten gerecht verteilen
Die Spinnerei in Mainleus und ihre Beschäftigten besuchte Erzbischof Dr. Ludwig Schick zusammen mit dem diözesanen Leiter der Betriebsseelsorge Dr. Manfred Böhm. Dabei lernte er auch die Sorgen und Nöte sowie die Freuden der dort Tätigen kennen.
Zu Beginn des Besuchs betonte der Geschäftsführer der Kulmbacher Spinnerei GmbH Mainleus Jürgen Knecht, der Bischof setze mit seinem Besuch ein Zeichen, dass die Kirche sich für die Arbeitswelt und die Region interessiert.
Knecht erklärte, die Spinnerei gehöre mittlerweile zu einem Industriezweig, der in deutschen Landen „nicht mehr wahrgenommen wird“. Wegen der Dumpingpreise des Auslandes hätten schon viele aufgegeben oder ihre Produktion in Billig-Lohn-Länder verlegt – besonders nach China. Die Beschäftigtenzahl der deutschen Textilindustrie sei von 250 000 im Jahr 1991 auf 81 000 im Jahre 2006 gesunken. Ein ganzer Markt verlasse Europa. Man könne nur überleben, wenn man sich „Zukunftsnischen“ sichere. Sein Betrieb, so Knecht weiter, setze auf Innovationen – so zum Beispiel mit ökologisch kontrollierte Baumwolle, Bambusfaserprodukten und Garnen mit Einlagerungen (zum Beispiel Silber).
Die Kulmbacher Spinnerei GmbH habe sich zurzeit auf die Marktsegmente „Technische Garne“ (für Hitze- und Schnittschutz) spezialisiert. Der zweitwichtigste „Produktionsposten“ sei das Zuliefern für die Autoindustrie (vor allem Audi). Dabei unterliege man einem scharfen Preisdiktat. Dritter Teilbereich sei die Modeindustrie und vierter Maschengarne für Strümpfe und ähnliches. Damit habe man 2006 einen Umsatz von 36,4 Millionen Euro erzielt.
Besonders betroffen hätten den Mainleuser Betrieb aber die steigenden Energiekosten. Diese seien beim Strom um 30 Prozent, beim Gas um 40 Prozent gestiegen. Das habe 2006 Mehrkosten von rund 500 000 Euro verursacht. Dies bedeute einen Standortnachteil. Bei den Energiekonzernen sei wegen deren Monopolstellung die Marktwirtschaft außer kraft gesetzt worden, so Knecht. Daher habe man auch einen Teil der Produktion nach Tschechien verlegen müssen. Knecht forderte weltweit ein Gleichstellen bei den Umweltauflagen und den Energiekosten. Um die Arbeitsplätze und den Standort zu sichern, hätten alle Beschäftigten im vergangen Jahr auf Tariferhöhungen, Urlaubsgeld und Sonderzahlungen verzichtet – vom Chef bis zur Putzfrau.
Schick bedauerte diese „Besorgnis erregende Bilanz“. Er sei nicht nur der Seelsorge wegen nach Mainleus gekommen, sondern er wolle wahrnehmen, was die Leute hier bewege. „Als Kirche haben wir auf der Seite der Menschen zu stehen“.
Die Arbeiter und Angestellten in dem Betrieb würden sicher nicht zu den Hochverdienern gehören. Es sei aber wichtig, dass es hier in der Region Arbeitsplätze gebe.
Er teile die Sorgen wegen der Energieabhängigkeit und der Umweltauflage. Die Lasten müssten gerecht verteilt werden, „damit nicht die einen reich werden und die anderen gehen kaputt“.
Schick betonte, er sei froh, dass es die Betriebsseelsorge gibt, die die Einzelnen unterstütze. „Im gebeutelten oberfränkischen Raum“ stehe er auf der Seite der Menschen.
Bei der anschließenden Werksbesichtigung sprach der Erzbischof mit den Arbeitern und Angestellten ausführlich. Bei dem Treffen mit dem Betriebsrat in der Kantine betonte er, dabei habe es „keine Scheu vor dem Chef und mir“ gegeben. Auch habe es theologische Gespräche mit dem muslimischen Betriebsangehörigen gegeben. Ihm sei gesagt worden: „Wir alle glauben an den einen Gott“.
Die Kirche werde in der Politik noch gehört. Er werde seine Eindrücke beim Besuch verwerten und dort einbringen. „Ich wünsche von ganzem Herzen, dass diese Spinnerei und ihre Arbeitsplätze erhalten bleiben“, betonte der Erzbischof.
Der für die Region zuständige Betriebsseelsorger Eckhard Schneider berichtete, dass in der Spinnerei immer auch sozial Benachteiligte Arbeit bekämen. Hier sei das Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber „exemplarisch gut“. Knecht erklärte, man versuche im Betrieb auch Schüler mit nicht so guten Zeugnissen auszubilden und ihnen einen Arbeitsplatz zu bieten.
Schick forderte, dass bei der Globalisierung auch regionale Aspekte berücksichtigt werden. „Da wird es in der nächsten Zeit ein Umdenken geben. Wir sind zur Zeit auch Verlierer der Globalisierung“.
Bei dem Betriebsbesuch des Erzbischofs waren auch stellvertretender Landrat Erhard Hildner, Bürgermeister Dieter Adam, sein Stellvertreter Karl Klippel, Dekan Hans Roppelt und Diakon Herbert Mayer dabei.