Fairer Konsum – faire Arbeit

„Der Faire ist der Dumme.“ Diesen Eindruck kann gewinnen, wer sich in Wirtschaft und Gesellschaft umschaut. Schnäppchenjäger, Eigenoptimierer und Ellenbogennutzer bestimmen die öffentliche Wahrnehmung. Und doch prägen sie nicht das ganze Bild der Wirklichkeit. Bei einem von der Betriebsseelsorge organisierten regelmäßigen Treffen haben sich Erzbischof Dr. Ludwig Schick und die hauptamtlichen Gewerkschafter aus dem Gebiet der Erzdiözese im Bistumshaus St. Otto in Bamberg zum Thema „Fairer Konsum – faire Arbeitsbedingungen“ ausgetauscht.
Tiefe soziale Kluft
Dass es enge Zusammenhänge zwischen dem Konsumverhalten und den Arbeitsbedingungen gibt, darüber besteht breite Einigkeit. „Wer beim Konsum immer nur das billigste will, sorgt dafür dass die Löhne nach unten rauschen.“ So bringt es einer der Teilnehmer auf den Punkt. Die Folge davon sind ein wachsender Niedriglohnbereich und eine tiefe soziale Kluft zwischen unten und oben. „Egoismus und Individualismus sind Auswüchse einer ansonsten positiv zu bewertenden Individualisierung“ stellt Erzbischof Schick fest. Wichtig sei es, keinem Schwarz-Weiß-Denken anheim zu fallen. Neben der sich breit machenden Ellenbogenmentalität, treffe man immer wieder auf bemerkenswerte Formen der Solidarität und Vergemeinschaftung. So etwa wenn, wie berichtet wurde, Streikende nicht für sich, sondern für andere den Kopf hinhalten. Diese Erfahrungen zu bestärken und als Hoffnungszeichen zu sehen, ist eine wichtige Aufgabe. „Hoffnung ist das Wichtigste, das Kirche in die Gesellschaft einspeisen kann“, so Schick. Einig waren sich Erzbischof und Gewerkschaftler darin, den Wert menschlicher Arbeit im gesellschaftlichen Bewusstsein zu verankern. Faire Arbeit, die auch fair und gerecht bezahlt werden muss, ist ein gesellschaftlicher Grundwert, der nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf. Ein wichtiger Baustein dafür sind Tarifverträge, die eine unersetzliche ordnungspolitische Funktion in der Gesellschaft ausüben.
Aus Heinrichsblatt Nr. 27 vom 5. Juli 2015