Lebens-Wert wirtschaften
von Betriebsseelsorge Norbert Jungkunz
Draußen wabern die Novembernebel, Nässe und Kälte machen sich breit. Die Natur zieht sich zurück. Der Lavendel vorm Haus ist geschnitten. Dabei erinnere ich mich an das Summen der Bienen über den Lavendelsträuchern. Die Bienen nutzten ihre Weide fleißig um den Honig als Gewinn einzufahren, den der Imker und ich zu unserer Freude jetzt nutzen. Vom Fleiß der Bienen leben viele. Bienen und Bienenkorb schmücken daher das Honigglas am Frühstückstisch. Bienen und Bienenkörbe schmücken auch die Fassade des ehemals jüdischen Kaufhauses von Moses Cornitzer in der Spitalgasse in Coburg. Bienen und Bienenkörbe erinnern an den Fleiß als Tugend für das Handeln in Wirtschaft, Unternehmen und Gesellschaft.
Tugendhaftes Verhalten in der Wirtschaft wird in diesen Tagen von Abgasaffaire und Dieseldesaster schwer vermisst und deutlich von den Verantwortlichen eingefordert. Wer fair und fleißig wirtschaftet, wird kaum mehr wahrgenommen. Lauter werden die Stimmen, die das kapitalistische Wirtschaftssystem kritisieren und die rücksichtslose, Mensch und Natur ausbeutende Weise des Wirtschaftens in Frage stellen. Auch Papst Franziskus kritisiert dieses Wirtschaftssystem, „ das den Profit über den Menschen stellt und wenn es um wirtschaftlichen Profit geht, sogar über die Menschheit“. Bereits die prophetische Tradition in der Bibel brandmarkt Betrügereien, Wucher, Ausbeutung, grobe Ungerechtigkeiten vor allem den Ärmsten gegenüber mit deutlichen Droh-Worten: Weh denen, die auf ihrem Lager Unheil planen und Böses ersinnen. Wenn es Tag wird führen sie es aus; denn sie haben die Macht dazu, so der Prophet Micha (Micha 2.1). Solches Handeln gefährdet nicht nur das Leben einzelner, sondern den Bestand und das Überleben einer Volksgemeinschaft. Der Prophet, als Stimme dessen, der lebendig macht, will dagegen mahnen, den Menschen und alles Lebendige, das Leben also zu schützen. Die Kritik an der Wirtschaft dieser Tage macht die Einwürfe der Propheten wieder aktuell. Sie wollen den Wert des Lebens in den Mittelpunkt auch des wirtschaftlichen Handelns stellen. Das berechtigte Gewinnstreben innerhalb des Unternehmens muss mit dem unverzichtbaren Schutz der Würde der Person und der zur Verfügung stehenden Ressourcen in Einklang gebracht werden. Ein Unternehmen als Sozialgefüge muss immer auch eine Solidargemeinschaft sein, die nicht nur dem Interesse des Unternehmens dient. Für eine Wirtschaft, die dem Leben dient, gilt deshalb, dass sie auch durch die Bewahrung der natürlichen Umwelt zum Gemeinwohl beitragen muss. Jegliche Ethik muss auch Umweltethik sein.
Bienen und Bienenkörbe stehen für die Tugend von Fleiß, Vorsorge und die Lust am Leben. Heute wissen wir, das Leben der Bienen ist bedroht. Es hängt an der Art und Weise, wie wir wirtschaften, produzieren und konsumieren. Kennen wir die Schäden, die dadurch entstehen? Ich möchte, dass der Honig fließt und sorge für Bienenweiden. Dankbar freue ich mich auf das Summen der Bienen im nächsten Frühjahr.