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Nur ein Randthema? Integration ausländischer Arbeitnehmer

Datum:
Veröffentlicht: 28.1.13
Von:
Norbert Jungkunz

Die Sprache ist der Schlüssel für Verständnis und Integration

Betriebsräte aus der Region Coburg trafen sich mit den katholischen Betriebsseelsorgern und dem DGB im Pfarr- und Dekanatszentrum St. Augustin. Ein Randthema der Betriebsratsarbeit wurde dabei in die Mitte des Vormittages gerückt. Die Integration ausländischer Arbeitnehmer ist eine Aufgabe, die laut Betriebsverfassungsgesetz den Betriebsräten zufällt.

Großen Handlungsbedarf sahen die anwesenden Betriebsräte zunächst nicht. Doch legten einige Beispiele aus dem betrieblichen Alltag das Problem deutlicher da. Sicherlich fällt es einer sprachunkundigen Kollegin schwer, sich in eine Arbeitsgruppe zu integrieren, wenn sie die Kollegen nicht versteht und sie auch nicht verstanden wird. Offensichtlich bestimmt in manchen Betrieben das Herkunftsland die Besetzung der Schicht. Dann wird auch in der gemeinsamen Muttersprache über Arbeit und Leben geredet.

Reagieren dann Führungskräfte darauf und verfügen die deutsche Sprache als einzige Sprache im Unternehmen, um das Verständnis untereinander zu verbessern, werden sie als intolerant angefeindet. Dann beginnen Vorurteile zu wirken und einen konfliktreichen Boden zu bereiten. Diskriminierung und rassistische Äußerungen machen sich so verstärkt breit, wie eine Studie jüngst festgestellt hat.

Mathias Eckardt, DGB Regionsvorsitzender, macht deutlich, dass über die Arbeit „Menschen mit Migrationhintergrund“, „Arbeitnehmer ohne deutschen Pass“ oder ausländische Kolleginnen und Kollegen gut integriert werden können. Es braucht die Kultur des gegenseitigen Respekts und eine Willkommenshaltung im Betrieb. Konkurrenzdruck unter Arbeitnehmern, Zeitdruck und Leistungsverdichtung erschweren aber eine vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit. Wenn Beschäftigte im Betrieb arbeiten, die die ganze Zeit diskriminiert oder auf ihre Herkunft reduziert werden, dann arbeiten diese Beschäftigten womöglich deutlich schlechter, als wenn sie sich akzeptiert fühlen.

In Betrieben wird erlebt, dass es mehr ausländische Arbeitnehmer in Leiharbeitsfirmen und in prekärer Beschäftigung gibt. Ausländische, bzw. Jugendliche mit Migrationhintergrund findet man häufiger unter den Absolventen der Hauptschule, jetzt Mittelschule, und weniger unter den Abiturienten. Ihnen bleiben häufiger die Türen zu den Ausbildungsstellen verschlossen.

Besser gelingt die Integration bei Fachleuten und Führungskräften in den Betrieben. Sie werden dringend gebraucht und anerkannt. Die Sprache aber ist noch ein Schlüssel zur Integration. Doch braucht es in den Betrieben interkulturelle Konzepte, die die Vielfalt besser berücksichtigen. Viele Migranten arbeiten in Berufen, die unter ihrer Qualifikation liegen, weil Hochschulabschluss oder Lehre nicht anerkannt werden. Die Initiativen der IHK solche Ausbildungen anzuerkennen, sind zu wenig bekannt.

Gerade in Coburg, wegen der Geschehnisse des letzten Herbstes, gelten die Forderungen der IG Metall, die Demokratie auszubauen und gegen Chauvinismus und Rechtsextremismus zu verteidigen. Betriebsräte haben Handlungsmöglichkeiten die Vielfalt auch in den Betrieben zu fördern. Wichtig vor allem aber ist das Wahrnehmen von Situationen, in denen Integration notwendig ist. Die Arbeitgeber (im BDI) haben dies erkannt, denn für sie heißt es „Integration sichert Zukunft“. Betriebsseelsorger Eckhard Schneider ermuntert die Betriebsräte mit Mut zur Menschenwürde ihre Aufgaben wahrzunehmen. Mit dem Blick auf die Würde jedes einzelnen Menschen kann Integration Leben sichern: „Alle Menschen sind Deutschlands Reichtum“

Handlungsmöglichkeiten und Ansatzpunkte nach dem Betriebsverfassungsgesetz
Grundlagen für Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrates:

BetrVG § 15 (2):

  • Minderheitenrecht für geschlechtliche Minderheiten - analoge Regelungen für ethnische Minderheiten anregen!

BetrVG § 45

  • Integration der ausländischen Arbeitnehmer wird explizit als Thema für Betriebs- und Abteilungsversammlungen genannt.

BetrVG § 70

  • Bei den allgemeinen Aufgaben der Jugend- und Auszubildendenvertretung wird die Förderung der Integration ausländischer Arbeitnehmer explizit genannt.

BetrVG § 75 (1)

  • Gleichbehandlungsgrundsatz gilt explizit für Abstammung, Religion, Nationalität, Herkunft, politische oder gewerkschaftliche Betätigung, Geschlecht, sexuelle Identität

BetrVG § 80 bezieht sich auf allgemeine Aufgaben des Betriebsrats:

  • BetrVG § 80 (2a) analog zur Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern Maßnahmen zur tatsächlichen Gleichstellung von Menschen mit unterschiedlicher Herkunft anregen!
  • BetrVG § 80 (7): Explizit wird als Aufgabe des Betriebsrats die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb sowie die Beantragung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit genannt.

BetrVG § 88 (4) als Gegenstand von freiwilligen Betriebsvereinbarungen wird explizit genannt:

  • Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer sowie zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb

BetrVG § 92 (3)

  • Analog zu den Maßnahmen der Personalplanung, die sich auf die Gleichstellung von Männern und Frauen beziehen, Maßnahmen zur Förderung der Gleichberechtigung von ausländischen Arbeitnehmern anregen!

BetrVG § 104

  • Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung eines Arbeitnehmers fordern, der den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich stört, indem er z.B. grob gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt - insbesondere bei rassistischen oder fremdenfeindlichen Betätigungen.

Beratung zum Berufsqualifikationsanerkennungsgesetz / Coburg

Herr Udo Florschütz, Laufbahnberater, hat seine Tätigkeit bei VHS Coburg Stadt und Land gGMBH im Rahmen der Beratung zum Berufsqualifikationsanerkennungsgesetz aufgenommen.

Herr Florschütz hat sein Büro in der Agentur für Arbeit, Kanonenweg 25, 96450 Coburg, und ist unter der Telefonnummer 09561/93312 und der E-Mail: Udo.Florschuetz@vhs-coburg.de.
Oder:
Am 1. April 2012 ist das „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ – Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) in Kraft getreten. Anträge nach BQFG können ab sofort bei IHK FOSA, Ulmenstr. 52g, 90443 Nürnberg, Tel. 0911 815060, E-Mail info@ihk-fosa.de, gestellt werden.