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Tarifverträge: Es geht um mehr

Politisches Nachtgebet, 15.03.2012
Datum:
Veröffentlicht: 27.3.12
Von:
Norbert Jungkunz, Kath. Betriebsseelsorge

Tarifverträge sind sozialer Schutzschirm für Arbeitnehmer

Coburg: „Tarifverträge fallen nicht vom Himmel“, diese Aussage konnten die Gesprächspartner des ökumenischen politischen Nachtgebetes in der alt-katholischen Kirche St. Nikolaus aus ihrer Erfahrung nur bestätigen. Der Streit um einen gerechten Lohn hat auch seinen Niederschlag in den Evangelien gefunden.

Reinhard Meyer von der alt-katholischen Gemeinde las die Lesung zum Gleichnis der Arbeiter im Weinberg. Ein Lohn muss die Existenz sichern und zum Leben reichen. Das Betteln des Tagelöhners wollen die Tarifverträge abschaffen. DGB Regionsvorsitzender Mathias Eckardt hob die Bedeutung der Tarifverträge für die Volkswirtschaft hervor. Der Kampf um Tarifverträge und entsprechende Entgelterhöhungen dient dem Wohl aller. Rentenkassen, Arbeitslosenversicherung und Krankenkassen werden gefüllt, ebenso erhöhen sich die Steuereinnahmen. Hardy Müller, Betriebsratsvorsitzender und Mitglied der Tarifkommission der IG Metall Bayern sieht in den Tarifverträgen auch einen Vorteil für die Arbeitgeber. Der ständige Konkurrenz- und Unterbietungsdruck unter den Unternehmen wird durch einen Tarifvertrag aufgehalten und nicht direkt an die Arbeitnehmer durchgereicht. Für die Arbeitnehmer in den Betrieben ist es wichtig gut in der Gewerkschaft organisiert zu sein. Der Einzelne allein schafft keine gerechte Entlohnung. Erst gemeinsam können Tarife und Tarifverträge erstritten werden. Sozialsekretär Frank Meixner macht deutlich, dass Tarifverträge die Mindestbedingungen für die Arbeitnehmer festschreiben. Jeder Arbeitgeber kann zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Bezahlung freiwillig mehr beitragen. Für Meixner schaffen die Gewerkschaften durch das Aushandeln von Tarifverträgen eine größere Gerechtigkeit in der Gesellschaft. Der Sozialsekretär aus dem KDA sieht mit großer Sorge die immer größer werdende Spaltung in der Gesellschaft und die ungerechte Verteilung der Vermögen. Tarifverträge müssen dem Arbeitnehmer einen Lohn sichern, von dem er und seine Familie leben kann. Er unterstützt die Gewerkschaftler, die in Warnstreikaktionen ihre Lohnforderungen stellen, weil sie für Ausgleich und sozialen Frieden sorgen. Der IG Metall ist auch das Schicksal der Leiharbeiter in den Betrieben nicht egal, deshalb haben sie für die kommenden Tarifverhandlungen auch faire und mitbestimmte Leiharbeit gefordert, räumt Hardy Müller, auf die kritische Nachfrage des Moderators Norbert Jungkunz von der katholischen Betriebsseelsorge Bamberg, ein. Der DGB Regionsvorsitzender weist darauf hin, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer auch in der Region ohne Tarifverträge arbeitet. Doch müssen die Frauen und Männer, die sich in den Gewerkschaften für Tarifverträge und Entgelterhöhungen einsetzen von der Gesellschafft mehr Anerkennung für ihr Engagement erhalten. Die Entwicklungen in der Sozial- und Steuerpolitik gingen in den letzten Jahren zu Lasten der Arbeitnehmer. Die negativen Auswirkungen können nur durch eine größere Solidarität unter den Beschäftigten gestoppt werden. Schließlich: „Es geht um Mehr“, nicht nur um ein Mehr an Entgelt, sondern auch um ein Mehr an Menschlichkeit und sozialer Wärme in der Gesellschaft. Darin waren sich die Gesprächspartner mit der anwesenden Gemeinde dieses Nachtgebets einig.

Politisches Nachtgebet, 15.03.2012 II