Ungerechtigkeit? Dagegen halten!

Heinz Gärtner und die gute alte Solidarität ergeben zusammen den "Arbeiter für Gerechtigkeit"
Um einen Menschen wie Heinz Gärtner zu verstehen, muss man bei seinem Großvater anfangen. 1933 floh der mit zwei anderen Genossen nach einer Saalschlacht gegen einen Coburger SS-Schlägertrupp in einen Wald bei Schney. Als die drei Sozialdemokaten erwischt wurden, landeten sie im Konzentrationslager. Drei Monate wurde Heinz Gärtners Großvater dort geschunden. „Er erklärte mir schon als Kind, warum das so wichtig ist mit der Demokratie und der Freiheit“, sagt der 68-Jährige. Der junge Heinz Gärtner verstand. Seit dem ist die Sache für ihn klar: Ohne Demokratie und Freiheit klappt es nicht mit der Gerechtigkeit. Heinz Gärtner ist ein Mensch, der in einfachen Sätzen spricht. Und der ein sehr einfaches und wirkungsvolles Rezept hat, wenn er Ungerechtigkeit sieht. Er hält dagegen.
Am Dienstag überreichte ihm Erzbischof Ludwig Schick in Bamberg eine Auszeichnung dafür: den „Arbeiter für Gerechtigkeit“. Es ist nicht die erste, die er bekommt: 2013 gab es die Heinz-Böckler-Medaille und 1996 die Ehrenmedaille der Stadt Lichtenfels. Die neue Ehrung ist eine Würdigung für ein Lebenswerk. Für seine Arbeit im Betriebsrat des Coburger Maschinenherstellers Kapp von 1978 bis zum Ruhestand im Jahr 2012. Viele Jahre davon stand er dem Gremium als Vorsitzender vor. Er war SPD-Stadtrat (1978 bis 2014), seit 1978 leitet er das Schneyer DGB-Ortskartell, seit 2002 ist er Chef vom DGB-Kreisverband.
Immer für andere da
Heinz Gärtner engagiert sich in der „Allianz für den freien Sonntag“, im „Bündnis gegen rechts“, in der Lichtenfelser Betriebsräterunde, in der evangelischen Kirchengemeinde Schney. Jeden Montagnachmittag ist er in Altenheimen unterwegs, zeigt dort zum Beispiel seine Wanderfilme. Er nimmt die mit auf eine Bilderreise, die ihre Wanderstiefel nicht mehr schnüren können. Gärtner ist Kassier bei den Schneyer Kleintierzüchtern, Berufsschulbeirat und Stellvertreter im Jobcenterbeirat. Vermutlich fehlen noch immer Ehrenämter in der Aufzählung. Ganz abgesehen davon, dass er mit seiner Frau Ruth die drei gemeinsamen Kinder großgezogen hat.
Als Monteur war der Facharbeiter weltweit unterwegs. Auch das prägte ihn. „Ungerechtigkeit ist Ungerechtigkeit, egal wo auf der Welt“, sagt der Gewerkschafter Gärtner. Sich für wildfremde Menschen und ihre Rechte einzusetzen, ist für ihn eine Pflichtsache. „Ich glaube an die Solidarität“, sagt der 68-Jährige im Interview auf der Terrasse seines Hauses in Schney. So einfach kann das sein mit dem Helfen, wenn man Heinz Gärtner heißt. Doch Einsatz kann viel Kraft kosten. Gärtner hat das erlebt, als in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Betriebsrat Entlassungen bei der Firma Kapp mittragen musste: „Es war furchtbar. Wir haben mit allen Kollegen gesprochen. Keiner hat uns einen Vorwurf gemacht.“ Ein gewählter Arbeitnehmervertreter zu sein, bedeutet für ihn Ehre. Eine, die Bürde sein kann.
Das mit der Freiheit und der Demokratie sieht Heinz Gärtner in diesen Tagen wieder bedroht. Durch den Rechtsruck in Europa, durch Unternehmen, die keinerlei soziale Verantwortung erkennen lassen. „Es ist und bleibt immer ein Kampf“, sagt der 68-Jährige.
Ein wahrer Optimist
Er bleibt ein Optimist. Als er den Preis aus den Händen von Erzbischof Schick erhält, freut er sich: „Wenn Karl Marx das gesehen hätte, dass die katholische Kirche eines Tages uns Gewerkschaftler unterstützt“, sagt er bei der Verleihung. Norbert Jungkunz von der veranstaltenden Katholischen Betriebsseelsorge nimmt als Laudator den Nachnamen des Gewerkschafters zum Vergleich mit einem Gärtner. Der bringt viel zum Wachsen und Blühen, gerade auch, weil er mit „Mist“ umzugehen weiß.
Vielleicht fehlt vielen heute ein Großvater, der erklären kann, wie das so funktioniert, mit Freiheit und Demokratie. Sicher ist, es sind Menschen wie Heinz Gärtner, die sie hegen und pflegen.