Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeitsmeldung
Verhandelt wurde der Fall eines Lagerarbeiters, nennen wir ihn Herrn T., der von einem Facharzt für Chirurgie durchgehend, zum letzten Mal am 26.11.2008 bis zum 10.12.2008, arbeitsunfähig geschrieben worden war. Von seinem Arbeitgeber war der Mitarbeiter zum 30.11.2008 gekündigt worden.
Auf Veranlassung seiner Krankenversicherung wechselte der Arbeitnehmer den Arzt und suchte diesen neuen Arzt am 9.12.2008 auf, um die Arbeitsunfähigkeit fortschreiben zu lassen. Der Arzt nahm ihn an diesem Tag aber nicht mehr dran und verwies den Patient auf einen bereits vereinbarten Termin am 11.12.2008. Eine Krankschreibung an diesem Tag wäre noch ausreichend für den Krankengeldanspruch, so die Auskunft des Arztes. Herr T. wurde dann auch ab dem 11.12.2008 fortlaufend bis zum 3.4.2009 arbeitsunfähig geschrieben.
Von seiner Krankenversicherung erhielt Herr T. jedoch nur Krankengeld bis zum 10.12.2008 und ab dem 12.12.2008 bis zum 10.1.2009. Dies ergebe sich aus § 19 Abs. 2 SGB V (bei einem Ende der Mitgliedschaft – hier durch die Kündigung des Arbeitgeber – besteht längstens für einen Monat ein Anspruch auf Leistungen) sowie aus der Tatsache, dass ein Krankengeldanspruch erst am Tag nach der ärztlichen Feststellung, hier also am 12.12.2008, entstehen könne. Zu diesem Zeitpunkt hätte aber keine Versicherung mehr bestanden.
In seinem Urteil vom 16.12.2014 wurde diese Auffassung der Krankenkasse vom Bundessozialgericht (BSG) bestätigt: bei fortlaufender Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung, sei jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs aus der Beschäftigtenversicherung sei es daher erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird. Was in diesem Fall nicht gegeben war. So endete die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mit Ablauf der letzten AU-Meldung, also am 10.12.2008. Als Herr T. am 11.12.2008 den Arzt aufsuchte und sich krankschreiben ließ war er nicht mehr auf Grund seines Beschäftigungsverhältnisses versichert. Auf eine fehlerhafte Rechtsauskunft des behandelnden Arztes könne er sich ebenfalls nicht berufen, maximal eine Schadensersatzforderung gegen den Arzt prüfen.
Auch sei es nicht Sache der Krankenversicherungen, ihre Versicherten über deren Obliegenheiten und mögliche Rechtsfolgen aufzuklären.
Das Urteil ist insbesondere für diejenigen besonders bitter, denen während einer Erkrankung gekündigt wird. Denn selbst bei offensichtlicher durchgängiger Arbeitsunfähigkeit entfällt der Anspruch auf Beschäftigtenversicherung mit Krankengeldberechtigung, wenn bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit eine Lücke von nur einem einzigen Tag entsteht. Der Arbeitnehmer kann aber auch kein Arbeitslosengeld beantragen, da hierfür die Verfügbarkeit nötig ist, er also nicht krank sein darf. Nach einem Monat erlischt dann auch der kostenlose Krankenversicherungsschutz. Um nicht ohne Einkommen und Versicherungsschutz dazustehen müssen Betroffene umgehend Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) beantragen.