„Unternehmt etwas gegen die Missstände!“

Kronach – Der Lkw verbindet den Markt, bringt die Güter vom Hersteller zum Konsumenten. Fahren die Lkw`s nicht, gibt es bald nichts mehr. „Fernfahrer sind eigentlich in einer Schlüsselposition“, machte Thomas Böhm bei einer Podiumsdiskussion deutlich. „Wir müssen nicht frech werden, aber jeder in diesem Land hat ein Recht auf Menschenwürde. Und die habt ihr heute nicht!“
Zeit- und Kostendruck, strenge Kontrollen und gleichzeitig oft große Probleme, einen Parkplatz zu finden, um die Lenk- und Ruhezeiten einhalten zu können, dies kennzeichnet den Alltag der Berufskraftfahrer. Beim Trucker-Treffen auf dem Kronacher Schützenplatz wurde aber auch deutlich, dass Fahrer und Spediteure eigentlich vor dem gleichen Dilemma stehen. Enormer Druck kommt vom Verbraucher, der möglichst wenig bezahlen will. So richtig verdienen nur noch diejenigen, die ihr Geld anlegen und die immer mehr Rendite wollen. Alle anderen kämpfen unter schwierigsten Bedingungen um das wirtschaftliche Überleben.
Bei einer gemeinsamen Podiumsdiskussion der Verkehrspolizei Coburg, der Regierung von Oberfranken/Gewerbeaufsichtsamt, der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und der Fernfahrerseelsorge in der Katholischen Betriebsseelsorge Bamberg in Kooperation mit den „Franken-Strolchen“ wurde über die aktuellen Probleme diskutiert. Diejenigen die Geld haben wollen noch mehr vom Verdienst herausziehen, beklagte Fernfahrer-Seelsorger Norbert Jungkunz, der die Diskussion moderierte.
Derzeit herrsche ein enormer Konkurrenzdruck auf der Straße, erklärte Fernfahrer-Seelsorger Norbert Jungkunz. Alles was wir haben wollen bekommen wir, weil die Fernfahrer es uns bringen. Es sei viel faul in unserem Land, beklagte er und verlangte allseits wieder mehr Moral.
Erst kürzlich ereignete sich bei Wörth an der Donau ein tödlicher Unfall, als ein Sattelschlepper in einen überfüllten Parkplatz einfuhr, erinnerte Thomas Böhm (Leiter der hauseigenen Fahrschule und Ausbildungsstelle der Spedition Söllner). Vorschläge der Politik, Brachflächen wie Gelände leer stehender Kasernen ohne sanitäre Einrichtungen als Parkplatz zu nutzen hielt er für abwegig. Es werde viel geredet, aber wenig gehandelt, bemängelte er. Gerne würden die Spediteure den Fahrern mehr Geld zahlen, das gehe aber nicht. Es gehe letztlich um unser aller Verbraucherverhalten: Jeder will alles billig und sofort haben.
Heuer sollen immerhin weitere 1600 Parkplätze in Bayern zur Verfügung gestellt werden, erläuterte Herbert Vießmann (Verdi). Allerdings wachse gleichzeitig die Anzahl der Lastwagen und viele Parkplätze werden wegen der Unterhaltskosten geschlossen. „Es ist katastrophal was da passiert in Deutschland.“
Ein junger Fernfahrer berichtete, wie er bei einem Discounter beim Be- und Entladen helfen musste und dabei behandelt wurde „wie der letzte Volltrottel“. Die Discounter sparten sich eigenes Personal auf Kosten der Fernfahrer, beklagte eine Berufskraftfahrerin. Auch hier wieder Kostendruck, den letztlich die Fahrer ausbaden.
„Wir alle haben uns an Just in time gewöhnt, weshalb die Fahrer durch die Gegend rasen“, betonte Thomas Böhm. Der Stress sei bei allen in diesem Bereich vorhanden. „Unternehmt etwas, nicht gegen die Unternehmen, sondern gegen die Missstände“, rief er alle auf, gemeinsam etwas zu verändern.
Es sei Handlungsbedarf um der Menschen willen, bekräftigte Norbert Jungkunz. Alle müssten mehr aufeinander zu gehen. Wir alle müssten die Art und Weise als Verbraucher überdenken. Den Fernfahrerinnen und Fernfahrer zollte er größten Respekt: „Ihr seid tagtäglich für uns unterwegs! Dieses Bewusstsein muss viel mehr in die Öffentlichkeit.“
Zuvor fand eine Andacht statt, in der aufgezeigt wurde, dass der Fahrer am Steuer eines Lastzugs die wertvollste Fracht an Bord sei, das wichtigste Gut. Auf den Autobahnen ginge es fairer zu, wenn der Mensch im Mittelpunkt stehen würde, sagte Fernfahrer-Seelsorger Norbert Jungkunz.
Auf dem Schützenplatz wurden – vor allem am vom Wetter her besseren Samstag – von der Bevölkerung die tollen Trucks besichtigt. Eindrucksvoll wurde deutlich, welche Werte und welche Verantwortung von den Berufskraftfahrerinnen und –fahrern alltäglich über weite Strecken gesteuert werden, um uns alle schnell und zuverlässig mit Waren und Gütern zu versorgen. Trucker-Treffen, dies ist auch Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch und zur Präsentation von Innovationen. Der Neuenreuther Andreas Geßlein beispielsweise demonstrierte, wie mithilfe einer aerodynamischen Vorrichtung am Ende eines Lkw-Aufbaus durch Veränderung der Fahrtwindströmung vier bis sechs Prozent Kraftstoff eingespart werden können.