Zwangsverrentung für ältere Arbeitslose
Die große Koalition hat zwar einerseits beschlossen, älteren Arbeitslosen einen längeren Arbeitslosengeld – I - Bezug zu ermöglichen. Andererseits droht älteren Arbeitslosen mit ALG II-Bezug eine zwangsweise Verrentung – auch mit lebenslangen Abschlägen. Da das Gesetzgebungsverfahren im vergangenen Jahr nicht abgeschlossen werden konnte kann das Gesetz frühestens am 15.2.2008 beschlossen werden und soll rückwirkend zum 1.1.2008 in Kraft treten.
Zwangsverrentet werden sollen – sofern die rentenrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenbezug vor dem 65. Lebensjahr vorliegen – alle 63- und 64-jährigen Bezieher von ALG II sowie alle, die zukünftig in diese Gruppe „hineinwachsen“. Die völlig inakzeptablen Folgen sind: Renten-Abschläge von bis zu 7,2 Prozent monatlich - ein Leben lang. Und wenn die Rente zum Leben nicht reicht bleibt nur die Grundsicherung im Alter bzw. die Sozialhilfe, wobei hier vorher Ersparnisse über 1.600 Euro aufgebraucht werden müssen und unterhaltspflichtige Kinder herangezogen werden.
Problematisch ist auch, dass in den Fällen, in denen erst die Abschläge die Bedürftigkeit im Rentenbezug herbeiführen, der vorgezogenen Rentenantrag auch die Sozialleistungen im Alter gefährden. Denn Personen, die in den letzten 10 Jahren ihre Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben, haben keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen. Wer im Wissen, dass sein abgesenktes Altersruhegeld zur Deckung des Lebensunterhalts nicht ausreichen wird, einen Rentenantrag stellt, handelt zumindest grob fahrlässig. Für die bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zu gewährenden ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt setzt sich der Hilfebedürftige der Gefahr aus, dass er wegen schuldhafter Herbeiführung einer Notlage zum Kostenersatz herangezogen wird.
Rechtliche Grundlage für die Zwangsverrentung ist § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach jeder erwerbsfähige Hilfebedürftige „alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung“ seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muß. Diese Obliegenheit umfasst alle legalen und sonst zumutbaren Mittel und Wege zur Abwendung oder Minderung der Hilfebedürftigkeit. Die Wahl der Mittel ist ihm dabei nicht freigestellt; stellt ein Hilfebedürftiger z. B. keinen Antrag auf vorgezogene Altersrente, obwohl er die Voraussetzungen hierfür erfüllen würde, können die Argen entsprechende Anträge für den Hilfebedürftigen von sich aus stellen. Altersmäßig können davon derzeit ca. 200.000 Personen betroffen sein.
Ausgeschlossen soll eine Zwangsverrentung in besonderen Härtefällen sein, z.B., wenn ein Arbeitnehmer mit geringem Verdienst davon seinen Lebensunterhalt nicht decken kann und auf ergänzendes ALG II angewiesen ist (sogenannte „Aufstocker“).
Diejenigen, die von den Argen zur vorzeitigen Stellung eines Rentenantrages aufgefordert werden, können sich von der Ökumenischen Arbeitslosenberatung „Die Idee“ kostenlos beraten lassen (Tel. 09 51 / 20 28 70).