Ausverkauf von Arbeitnehmerrechten bei Quelle
Vertreter der Katholischen Betriebsseelsorge und dem Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (kda) haben sich am 30. Mai 2007 mit Betriebsratsmitgliedern der Firma Quelle Contact Customer Services GmbH getroffen und über die Situation der 741 von der Betriebsschließung bedrohten Beschäftigten gesprochen. Als Arbeitnehmerorganisationen der evangelischen und katholischen Kirche sind wir bestürzt
- über die massiv verschlechterten Bedingungen, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Servicegesellschaft von ihrer Geschäftsleitung angeboten wurden, falls sie in neu zu gründende Gesellschaften wechseln.
- darüber, wie die Geschäftsleitung die Beschäftigten im Ungewissen läßt über ihr weiteres Vorgehen, indem sie nicht in die Verhandlungen mit dem Betriebsrat eintritt.
Wir sind empört darüber, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – wenn sie in die neu gegründete Gesellschaft wechseln wollen - verpflichtet werden sollen, einzelvertraglich auf verbriefte Rechte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu verzichten – etwa die Beibehaltung ihrer tariflichen Arbeitsbedingungen für mindestens ein Jahr. Damit würden die Mitarbeitenden den Weg ebnen für den nahtlosen Einstieg in ein Lohn- bzw. Tarifdumping. Trotz einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 21 Jahren und einem Durchschnittsalter von ca. 45 Jahren sollen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf 1.000 Euro brutto verzichten und dafür zusätzlich 42 statt 37,5 Stunden arbeiten. Urlaubs-, Weihnachtsgeld und Zuschläge sollen gestrichen und der Urlaub um zwei Wochen gekürzt werden. 80% der Beschäftigten sollen nur noch Teilzeitverträge erhalten, der Betrieb dafür rund um die Uhr laufen. „Hier wird Menschen ihr Einkommen bis zur Existenzminimums- grenze gekürzt, ihnen wird jede Sicherheit genommen, finanziell und strukturell“, so Diözesansekretärin Barbara März.
Die schlimmste Belastung für die Beschäftigten aber ist derzeit die Ungewissheit. Von Seiten der Geschäftsleitung wurde weder ein Interessenausgleich vorgelegt, noch Verhandlungen mit dem Betriebsrat geführt. Bisher ist unklar, auf was sie sich einstellen müssen. Viele leiden unter Schlafstörungen, es gibt Gespräche in den Familien, die Existenzangst geht um. Eine Beschäftigte erzählt: „Ich wache schweissgebadet auf und habe Herzrasen“. Die Angst, keinen Arbeitsplatz mehr zu finden oder vom Gehalt in einer neuen Servicegesellschaft den Lebensunterhalt nicht bestreiten zu können, ist groß. Rund 85 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, etliche davon alleinerziehend.
Im Interesse der Menschen, die bei der Quelle Customer Services GmbH beschäftigt sind, fordern wir die Geschäftsleitung auf, mit konkreten Angeboten und Vorstellungen in die Verhandlungen mit dem Betriebsrat einzutreten. Das Management muss sich der Verantwortung für 741 Menschen und ihre Familien stellen und Klarheit schaffen über seine Absichten. Schon die Bibel weiß: „Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert“. Der Wert menschlicher Arbeit und damit auch die Würde der Menschen darf nicht – wie bei Quelle beabsichtigt – in dieser Weise herabgesetzt werden. Die Betroffenen müssen weiter von ihrer Arbeit leben können. Deshalb fordern wir die Geschäftsleitung auf, sich als verlässliche Arbeitgeber zu erweisen und ihrer sozialen Verantwortung für die ihnen anvertrauten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gerecht zu werden. Wir erwarten, dass es von Seiten der Geschäftsleitung klare Bemühungen gibt hinsichtlich des Erhalts der Arbeitsplätze in Nürnberg zu bisherigen Bedingungen.
Infos:
Barbara März
Diözesansekretärin, Betriebsseelsorge Nürnberg
Tel: 09 11 / 24 44 94 80
Pfr. Dr. Johannes Rehm
Leiter des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt, Nürnberg
Tel: 09 11 / 43 10 02 28